Projekte 2012
Report Solar Cooling Ecohotel Nationalpark Chapada dos Guimaraes Brasil
Mit der Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben die Thüringer Firmen JSJ Jodeit GmbH, SiCeram GmbH und das Ingenieurbüro Menz Gebäudetechnik Weimar eine solare Kälteanlage für das Ökohotel Pousada do Parque im Bundesstaat Mato Grosso in Brasilien entwickelt und umgesetzt.
Die Kälteanlage wurde in einem Container als Energiezentrale errichtet und nach Brasilien verschifft. Als Antriebsenergie wird Wärme genutzt nutzt.
Sobald Antriebswärme von einer Solaranlage wie beispielsweise in unserem Projekt umgesetzt bzw. einem Blockheizkraftwerk oder Industrieabwärme vorhanden ist, kann sie als stromsparende und effiziente Kälteerzeugung eingesetzt werden.
Die Kälte wird in Form von kaltem Wasser zur Verfügung gestellt und kann somit zur Gebäudeklimatisierung, zur Prozesskühlung oder für verschiedenste sonstige Zwecke genutzt werden. Die Kältemaschine ist damit universell einsetzbar und analog wie ein stromgetriebener konventioneller Kaltwassersatz verwendbar.
Die Kältemaschine von InvenSor arbeitet nach dem Adsorptionsprinzip. In der Kältemaschine werden zwei Teilprozesse alternierend gefahren und somit eine quasi kontinuierliche Kälteleistung erzielt von 12 kW erzielt, heutige Anlagen bis 18 kW.
Die Kältezentrale wurde auf dem Gelände der Fa. JSJ Jodeit in Jena in einem Container vormontiert und nach dem erfolgreichen Testbetrieb in 2 Containern nach Brasilien verschifft.
Mit einem Monat Verspätung und viel bürokratischem Aufwand erreichten die Container den Trockenhafen von Cuiabá. Es war der 23.12.2010 als der Zollaufsichtsbeamte die Freigabe erteilte - unser Weihnachtsgeschenk kam gerade noch rechtzeitig in der Pousada an.
Schon das Entladen der LKW´s war eine aufregende Angelegenheit und so hatten wir eine etwas andere Art, den Jahreswechsel zu verbringen geschaffen.
Gleich am Weihnachtstag begannen wir die Hotelzimmer, 8 an der Zahl, mit Wandheiz- und – Kühlflächen zu versehen. Das sind insgesamt 2,4 km Rohrleitungen, welche auf einer Fläche von ca. 120 m² installiert worden, um eine Wärmelast von 10-12 kW abzubauen. Im Nachgang wurden alle Wandflächen mit einem Drahtgeflecht gesichert und neu verputzt. Jeder Raum ist aufgrund unterschiedlicher Kühl- bzw. Wärmelasten über einen Heizkreisverteiler am zentralen Heiz- und Kühlsystem angeschlossen und kann mittels Einzelraumregelung individuell bedient werden.
Einige Einbauteile mussten aufgrund der lokalen Situation schon jetzt durch brasilianische Einbauteile kompensiert werden, da bei der theoretischen Planung und der praktischen Umsetzungen immer Differenzen auftreten. Ein Einbauteil ist bei der Verlegung gerissen, wodurch sich die Hotelsuite gleich mit Wasser füllte, ganz ruhig nahm der Hotelbesitzer einen Gummilippen-Besen und kehrte das Wasser hinaus, woraufhin wir Deutschen ganz erstaunt reagierten „das wäre ein Wasserschaden von 5.000 Euro gewesen“.
Zeitgleich wurde die Solaranlage auf dem Container als Vordach errichtet und mit der Kältemaschine verpresst. Als Gerüst diente das Schild vom Traktor. Der Container wird noch malerisch mit der Landschaft verschmelzen.
Die Veranda soll als Informationsportal und Seminarort dienen, um auch die gesamte Anlage demonstrieren zu können. Seminare und Worshops finden im September / oktober 2012 in der UFMT/Sebrae und vor Ort statt. Im Augenblick wird sie durch die umliegenden Kühe als schattiger Rastort bevorzugt.
Nun mussten noch der Container mit der vormontierten Kältezentrale und das Flächenheiz-/-kühlsystem im Hotel verbunden werden, dazu wurde eine erdverlegte Rohrleitung im Graben zum Container geführt, welcher auch gleich durch die Kayapó (nach einem auf Kriegszug gehendem Indianerstamm benannte Ameisenart) genutzt wurde, die zum Beginn eines Sommergewitters ausströmen, um Nahrung noch im Trockenen einzubringen. Somit war klar, die Regenzeit beginnt.
Zuletzt wurden die Kabel verlegt und das gesamte System auf einem Rechner regelungstechnisch zusammengeführt. Während der Verlegung unter Dach stießen wir auf ein großes dort versteckt liegendes Wespennest, was ausgeräuchert werden musste, allein diese Aufgabe nahm einen Tag in Anspruch.
Da die Anlage als Test- und Demonstrationsanlage errichtet wurde, sind vielfältige Messstellen eingebaut, welche Durchfluss, Temperatur, Druck sowie Wetterdaten im 10s Takt aufnehmen. Die Werte dienen der jetzt stattfindenden dauerhaften Auswertung zur genauen Einregulierung und Optimierung der Anlage, der Ökonomisierung von Anlagenteilen als Grundlage zur Vermarktung sowie der Verfolgung wissenschaftlicher und entwicklungspolitischer Aspekte in Zusammenarbeit mit der UFMT, der DGS sowie Sebrae.
Um die Internetverbindung herzustellen, welche uns direkten Zugang zur Anlage gewährt, musste eine bestehende Verbindung zum Radiointernet mit 400m Kabel zur Antenne durch unsere Regelungstechniker getestet werden, da sie nicht funktionierte. Dabei wurden alle 50m die Tests durchgeführt und am Ende kam kein Signal an. Hatten sich nicht ein Termitenvolk ein Heim darauf errichtet, welches noch dazu von einer Ratte mitbewohnt wurde. Selbige hatte durch die anziehenden Ausdünstungen des Kunststoffmantels das gesamte daumendicke Kabel zerfressen.
Die Hauptsache ist: Jetzt funktioniert die Anlage, derzeit kühlt sie mit einer solaren Eingangstemperatur von 85°C Minimum, und das in der Regenzeit bei bewölktem Himmel, auf 16°C Ausgangstemperatur ab. Sie erreicht die versprochene Leistung von 12 kW und scheint durch ihre thermodynamische Fahrweise diese sogar bis 14 kW Kälteleistung zu erhöhen.
Diese kleinen Anekdoten verzögerten die eigentliche Arbeit ungemein, doch sie belustigen unser Leben und und zeigen, dass Zeit sehr relativ ist. Die Erfahrung, in einer doch anderen Kultur zu arbeiten, empfinden wir als sehr angenehm. Es ist für uns „Ossis“ fast wie eine Reise in die Vergangenheit, wo dazumal auch alles improvisiert wurde und doch hat es funktioniert ein gutes Miteinander com um cheito brasileiro mit einfachen und kreativen Mitteln und Wegen.
Ein weiteres Ziel des Projektes umfasst den Aufbau eines umfangreichen Aus- und Weiterbildungsangebotes im Bereich Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Solarthermie in Zusammenarbeit mit der DGS und mehreren deutschen und brasilianischen Partnern.
Da ca. 70 % der brasilianischen Haushalte die elektrische Warmwasserbereitung nutzen und dafür allein 30% des häuslichen Strombedarfs hierfür verbraucht wird, ist ein Umdenken und Umhandeln notwendig. Mit der in der Demonstrationsanlage bestehenden Technik ist eine Erweiterung der Warmwasserbereitung möglich, was die Anlagentechnik um so wirtschaftlicher gestalten wird.
Durch die vorherrschenden klimatischen Bedingungen ist der Einsatz von Klima- und Kältetechnik in Brasilien dringend erforderlich. Gerade Hotels haben einen hohen Warmwasser- und Klimatisierungsbedarf, der wirtschaftlich mit Solarenergie gedeckt werden könnte.
Parallel zur technischen Umsetzung erarbeitet der Landesverband Thüringen der DGS e.V. eine Informationskampagne zur solaren Kühlung für Brasilien und unterstützt die lokale Universität in Cuiaba, Mato Grosso, beim Aufbau eines Studienganges „Erneuerbare Energien“.
Und bald lesen Sie mehr ....